Sind unsere „Ausreden“ wirklich Ausreden oder sinnvolle Entscheidungen?

Ein ganz persönlicher Blog-Artikel

In den letzten Tagen ist eine wichtige Erkenntnis in mir gereift, die ich mit dir teilen möchte. Nicht allzu gerne – denn es ist schon etwas unangenehm – aber vielleicht es etwas, das dir weiterhilft. 

Nur für den Fall, dass du dir aufgrund dieses Artikels ein Bild von mir machst, was mich nicht in dem besten Licht dastehen lässt, möchte ich zu meiner Ehrenrettung sagen, dass ich ein sehr engagierter und umtriebiger Mensch bin. Ich finde mein Leben gut und ich bekomme Dinge, die ich mir vorgenommen habe, auch gut hin. Ich bin mehrere Marathons gelaufen, habe also auch wirklich kein Problem mit meiner Motivation. Mein „Problem“ ist eher, dass ich häufig zu viel mache und meine eigenen Grenzen zu spät wahrnehme. 

Und dennoch – dennoch habe ich jetzt noch einmal etwas über meine eigenen guten Ausreden gelernt. 

Meine eigenen guten Ausreden waren tatsächlich nur Ausreden

Ich beginne vorne: Meine Tochter war 10 Tage mit der Schule auf einem Forstpraktikum – mit Übernachtung, auch über das Wochenende. Ich habe mich richtig auf diese Zeit gefreut, da ich dachte, dass ich dann jeden Tag Yoga machen, mich ganz gesund ernähren und ganz viel Genuss-Selfcare betreiben würde – Dinge die in meinem Leben mit Kind, Hund, Haus und Meerschweinchen manchmal zu kurz kommen. 

Hah – weit gefehlt. Gefühlt bin ich verlottert 😉 Das ist natürlich etwas übertrieben – aber manchmal fühlte ich mich so. Da nicht mehr die Notwendigkeit bestand morgens um 5.15 Uhr aufzustehen bin ich „erst“ um 7.30 Uhr aufgestanden. Das hatte zur Folge, dass ich erst um 10.00 Uhr so richtig arbeitsbereit war. Dann habe ich über Mittag durchgearbeitet, weil ich ja etwas schaffen wollte. Was wiederum zur Folge hatte, dass ich irgendwann vor lauter Hunger nicht mehr Denken konnte und den Kühlschrank überfallen habe. Abends habe ich dann oft einfach Serien geschaut, da ich das sonst nie tue. Ich will ja sonst Vorbild sein 😉 Serien haben echten Suchtfaktor, also kam ich spät ins Bett. Was wiederum dazu führte ….

Mein Buch mit der Grün-Diät liegt noch bei mir auf dem Küchentisch. Meine Yogamatte noch ausgerollt in meinem Arbeitszimmer. Ich habe viel gelernt und Beweglichkeit dazu gewonnen. Allerdings nur im Kopf – nicht im Körper 😉

Ich bin – auch in diesem Fall – Gestalterin meines Lebens

Meine guten Gründe, warum ich nicht jeden Morgen Yoga mache, haben nichts mit meiner frühen Aufstehzeit zu tun. Meine gesunde Ernährung wird nicht durch die ungesunden Vorlieben meiner Tochter boykottiert. Davon war ich jahrelang überzeugt. Ich bin – auch in diesem Fall – Gestalterin meines Lebens. Diese Erkenntnis tut etwas weh. 😉 

Das kommt für dich jetzt vielleicht nicht überraschend. Wenn man etwas wirklich will und so weiter …ja ja, weiß ich alles. Und dennoch bin ich in die Falle getappt. Als Profi sozusagen. Voll rein. 

O.k., ich habe mich geoutet – was ist mit dir?

Ich möchte dich einladen, deine eigenen guten Ausreden zu hinterfragen. Also die, die du wirklich plausibel findest und die dich von etwas abhalten, was du eigentlich sinnig findest. Die schon ein wenig in deine Lebensrealität Einzug gehalten haben und die du als gegeben hinnimmst. Die gibt es bestimmt auch bei dir 😉

Welche sind es? Gibt es etwas, das du gerne tun würdest, es aber nicht tust, weil ….?

Wie fühlst du dich dabei? Hilft dir diese „Ausrede“ eine gute Grenze zu setzen und dient sie dir auf diese Weise? Auch heute noch? Fühlt sie sich absolut gut an und es gibt kein bisschen Bauchziehen dabei? Auch nicht, wenn du an das denkst, was sie verhindern? Wenn sich deine „Ausrede“ gut anfühlt, dann kannst du dich an dieser Stelle – für den Moment – zurücklehnen. Momentan scheint deine Ausrede für dich hilfreich zu sein. Schau einfach nach einiger Zeit noch einmal darauf. Denn …sie verhindert etwas, was du anscheinend auch attraktiv findest. 

Hast du Lust ein Experiment zu starten?

Wenn du unsicher bist, ob deine „Ausrede“ wirklich hilfreich ist, könntest du ein kleines Experiment starten. Ausgangspunkt ist deine „Ausrede“. Nur jetzt nennen wir sie „Arbeitshypothese“. In meinem Fall wäre das etwa: „Ich kann nur eine gute Yogaroutine entwickeln, wenn meine Tochter erst um 7.00 Uhr aufstehen muss.“ 

Hört sich ganz schön abstrus an. Ich habe also beim Formulieren dieser Arbeitshypothese mein erstes Aha. Innerlich spüre ich schon, dass das nicht wirklich wahr ist. Vielleicht geht es dir ähnlich, wenn du dich deiner „Ausrede“ widmest? 

Wenn du deine Arbeitshypothese gebildet hast, dann überprüfe deine Möglichkeiten ins Tun zu kommen. Und …Achtung Achtung ….verwirf die Möglichkeiten nicht direkt innerlich im Kopf, sondern versuche es einfach mal für eine gewisse Zeit. Welche Erfahrungen machst du? Und aufgepasst: Es gibt hier kein Scheitern – nur Erkenntnisse. Das ist das tolle an einem Experiment.

Kannst du deine Arbeitshypothese bestätigen – oder kannst du sie verwerfen? 

Falls du deine Hypothese verwerfen kannst, hast du die freie Wahl: Willst du trotzdem dabei bleiben? Jetzt aber ohne eine Ausrede, sondern mit einem: es ist gerade scheinbar nicht die richtige Zeit dafür? Oder sind dir deine Vorhaben so wichtig und tun dir möglicherweise auch so gut, dass du deine Ausrede loslassen willst?

 PS: Ich habe natürlich nicht erst nach 10 Tagen gemerkt, was ich da gerade veranstalte. Aber ich fand es irgendwie auch schön. Wann kann ich schon mal so vor mich hin verlottern 😉 Deshalb habe ich es einfach genossen und die Serien wenigstens auf Englisch geguckt – so war mein Gewissen auch wieder rein 😉 Und ich werde nun doch wieder morgens Yoga machen.  Zeit ist ja einfach nur relativ 😉

 

Nachtrag: Den Artikel habe ich vor 14 Tage begonnen. Mittlerweile mache ich an Tagen, an denen ich mein Kind nicht zur Schule bringen muss und von zuhause arbeite morgens Yoga. An den anderen Tagen habe ich eine verkürzte Routine ohne Einstimmung und Tiefenentspannung am Ende. Ich mache also nur die reinen Übungen. So klappt es für mich gut. Die Grün-Diät ist für mich aber tatsächlich gerade gar nicht dran. Fühlt sich nicht gut an in dieser Jahreszeit 😉